zu Halloween 2002
Helga Gebauer und Isabella Nohe
Heute morgen um 9.30 Uhr hat sich unser „Chauffeur“ angesagt, der uns zu einer Rundfahrt abholen will – wir sind gespannt, was er sich ausgedacht hat. Es ist doch sehr praktisch, dass zwei meas (Joachim Winter und Konrad Menzel) in Berkeley sind. Joachim Winter kennt sich in dieser Ecke der Welt gut aus, und ist dann noch so nett, extra ein Auto zu leihen, um mit uns einen Sonntagsausflug zu machen!
Überpünktlich sitzen die beiden in der Hotelhalle und strahlen uns an. Da wir schon frühstücken waren, geht es gestärkt los, zuerst über die Oakland-Bridge und – natürlich! – nach Berkeley. Die beiden Insider, besonders JW, beantworten meine vielen Fragen und können uns alles zeigen und erklären.
Berkeley erscheint zunächst als eine – pardon – hässliche Kleinstadt, der Campus der berühmten Uni entpuppt sich dann allerdings bis auf eine Ausnahme als ganz reizvoll. Auch hier wieder alle Baustile, die man sich denken kann kreuz und quer durcheinander, vom spanisch angehauchten weißen Bungalow über Fachwerkhäuser bis zur „A-5“- Betonburg. Auch das Econ-Department ist ein solches, aber vom letzten Stockwerk aus hat man einen sehr schönen Blick über den Campus, die Stadt und natürlich über die ganze Bay. In Joachims Besucherbüro dürfen wir nach unseren mails gucken (das kann aber richtig zur Sucht werden...) und ich darf auch noch telefonieren. Peter ist überrascht, meine Stimme zu hören, aber offenbar ist zuhaus alles in Ordnung, na bitte! Gott sei Dank.
Die beiden „Californier“ zeigen uns den Campus mit dem berühmten venezianisch-nachgebauten Glockenturm, und natürlich auch den ebenso berühmten Hippie-Teil. Hier zieht es also unseren wissenschaftlichen Nachwuchs immer wieder her ...
Danach fahren wir durch das Städtchen bis zum Indian Rock, von wo aus man einen wunderbaren Rundblick hat. Hier herum wohnen sichtbar gut betuchte Menschen in einem schönen Villenviertel, und die anschließende Fahrt rund um die Bucht wird uns noch viele solcher Ecken zeigen. So ist das eben: Eine wunderbare Gegend zieht das Geld an, „dot.com-Millionäre“, wie Joachim Winter sie zutreffend nennt.
Unterwegs erzählen die beiden von Ihrer WG bei Cynthia, die eigentlich ein Multi-Haus ist, in der immer wieder Mannheimer ihr Zimmer weiter geben an andere Mannheimer. Bedingung ist (neben der, Mannheimer/in zu sein), die zahlreichen Hunde der Hausbesitzerin Gassi zu führen, und es klingt, als ob sich alle prima verstehen.
Einige Zeit fahren wir durch einen Bergrücken, der vor der Bucht liegt – auf der anderen Seite rauscht der Pazifik. Natürlich ist es gut, einheimische Führer zu haben, und so kommen wir an einen kleinen Badeort an einer langgestreckten Bucht gelegen, und essen erst einmal prima zu Mittag (eigentlich ein Frühstück mit Ei, Toast, leckeren Bratkartoffeln, Auberginen, Tomaten und und und ..).
Am Strand sind zwar viele Menschen, die wenigstens aber sind im Wasser – gleich wissen wir, warum. Es ist eisebeisekalt! Ich sammle blauschimmernde Muschelschalen (ein prima – und billiges – Mitbringsel!). Am Ende des Strandes sind die Felsen übersät von Muscheln aller Größen, und sogar Seesterne hängen an den Felsen, die immer wieder vom Meer überspült werden. Ein nackter hässlicher Mensch hüpft herum und will mit Helga diskutieren – da sie ihn nicht versteht wissen wir leider nicht, ob er oder ob er nicht von ihr fotografiert werden will. Und da er zwar den Kopf in der Sonne, die Füße aber im eiskalten Wasser hat, stellt sich für Helga die Frage überhaupt nicht – hier gibt es lohnendere Objekte.
Der Blick über das silbrig schimmernde Meer ist wirklich traumhaft schön – vor dem endlosen Horizont schwimmt einsam ein Containerschiff. Wie uns JW erzählt, fahren die Schiffe mit Rohöl von Alaska bis hier in den Süden die Küste herunter. In Oakland gibt es riesige Raffinerien, die den Bedarf von ganz Kalifornien decken. Solche Containerschiffe sind ständig hin und her unterwegs, und die Stahlskelette im Hafen von Oakland, wo sie entladen werden, leuchten weithin in der Sonne.
Nun haben wir fast die ganze Bay umrundet, und auch dem Rückweg machen wir halt bei dem berühmten Naturdenkmal Muir Wood (FN), ein Wald mit riesigen jahrhunderte-alten Sequoias, die nur deshalb der Säge entkamen, weil das kleine Tal zu abgelegen war, um die Riesen zu fällen. Als die Technik dann so weit fortgeschritten war, hat ein Privatmann den Wald gekauft und ihn so vor der Zerstörung gerettet.
Über eine Schnellstraße kommen wir an mehreren Parkplätzen vorbei, von denen aus man wieder einen herrlichen Blick auf die Stadt und die GGB von der anderen Seite her hat (nun fehlt mir nur noch der Blick von oben ...). Auf dem letzten Bild des Tages schimmert das Abendrot auf der roten Farbe der Brücke (ganz kitschig) und bringt sie zum leuchten. Nachdem wir dann noch über die Brücke fahren dürfen (müssen), will uns JW zum Abschluss des Tages ein letztes Highlight bieten und fährt die berühmte Lombard-Street hinunter – wirklich ein Erlebnis. Es ist wieder sehr schnell dunkel geworden und wir verabschieden uns von den beiden – es war wirklich ein herrlicher Tag. Ohne Joachim hätten wir das alles nie zu sehen bekommen – das können wir nie wieder gut machen.